Harnmarkieren zählt zum normalen Kommunikationsverhalten der Katze und nicht zum Ausscheidungsverhalten. Es ist ein physiologisches Verhalten und setzt frühestens mit Beginn der Pubertät ein. Im Kerngebiet des Streifgebietes, wie es die Wohnung imgrunde darstellt, ist Harnmarkieren nur bedingt "normal". Bei reiner Wohungshaltung fehlt imgrunde das Streifgebiet. Männliche wie weibliche Tiere - unkastriert oder kastriert - sie alle können zum "Übeltäter" werden. Die Urinmarken geben ein geruchliches wie optisches Signal und bei Markieren mit Sichtkontakt zu anderen Katzen, auch ein visuelles. Aus Urinmarken lassen sich vermutlich nebst Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand auch Informtionen über den Hormonhaushalt (etwa Paarungsbereitschaft) ablesen und natürlich auch das Alter der Markierung. Die Katzen kontrollieren nach dem Spritzen nur selten die von ihnen gesetzte Marke.
Katzen markieren aus verschiedenen und auch aus mehreren Gründen:
- Hormonelle Einflüsse bei unkastrierten Tieren, männlich wie weiblich.
- Katzen markieren mit Harn um ihr soziales Umfeld räumlich wie zeitlich klar zu strukturieren. Katzen sind territoriale Tiere mit einander überlappenden Revieren. Urinmarken sollen unliebsame Begegnungen verhindern, der Kontakt zu Artgenossen wird somit kontrolliert. Die selbstsichere Katze macht ihre Territorialansprüche an den Reviergrenzen des Streifgebietes mit ihren Harn und/oder Kotmarken unmißverständlich deutlich. Das Streifgebiet ist durchzogen von Wegen zu für die Katze wichtigen Orten. Das Revier eines Katers ist größer als jenes einer Katze. Katzen gelten als territorialer, sorgen sie auch für die Sicherheit des Nachwuchses.
- Katzen markieren auch um Stärke, Selbstsicherheit und Überlegenheit zu demonstrieren. Indem sie direkt vor Artgenossen markieren, setzen sie ein zusätzliches visuelles Signal.
- Harnmarkieren ist eine physiologische Reaktion bedingt durch eine erhöhte Erregungslage – positiv oder negativ. Dies beginnt bei Highlights in einem sonst langweiligen Alltag, geht über Unstimmigkeiten, Spannungen, zwischenkätzischen Vorfall im Mehrkatzenhaushalt bis hin zu jeder nur erdenklichen Art von Veränderungen im Leben der Katze wie: ein neues Möbelstück, Bezugsperson verreist, Familienzuwachs, Baulärm vor dem Haus, fremde Katze vor dem Fenster, fremde Gerüche auf Schuhen oder durchs Fenster, Besuch... Eine erhöhte Erregungslage kann durch jede Form der Verunsicherung, durch Hunger, Stress, Frustration, dem Gefühl eines subjektiv empfundenen Bedrohtseins und und und entstehen.
- Unsichere oder auch nur verunsicherte Katzen verstärken durch ihre persönliche Duftmarke ihr eigenes Heimgefühl. Fremdgerüche wie jener des neuen Sofas werden mit jenem Mittel übermalt, das am stärksten wirkt und zur Verfügung steht. Mit Hilfe dieser Geruchsübermalung fühlen sie sich wieder sicherer. Gemeinhin sind es weniger die entspannten, souveränen, unaufgeregten Tiere, die mit Harn markieren. Auch nach einem sehr gründlichen Wohnungsputz, bei dem alle Pheromonränder weggeputzt wurden, neigen Katzen zum Markieren um ihre Stabilität wieder herzustellen.
- Aber, auch selbstsichere Katzen können erschrecken oder gestresst wie verunsichert werden. Auch für diese Katzen können bestimmte Lebensumstände belastend sein. Die Katze reagiert dann mit Urinmarken um besser mit diesen Umständen, Veränderungen klar zu kommen.
- Katzen sind Gewohnheitstiere, wenn auch sehr neugierige und beziehen ihre Sicherheit und ihr Wohlbefinden aus den Fundamenten eines stabilen Raum-Zeit-Gefüges und ihren sozialen Beziehungen. Gerät eines ins Wanken, tritt rasch Verunsicherung ein. Katzengruppen habe labile Strukturen und keine klaren Hierarchien. Leicht kommt es zu Unstimmigkeiten, Spannungen im Mehrkatzenhaushalt und schon eine Katze mehr kann so eine labile Struktur zu Fall bringen. Katzen kommunizieren subtil, daher ist genaues Beobachten angezeigt. Versperrt etwa eine der Katzen einer anderen ständig den Weg? Womöglich noch jenen zur Toilette?
- Stichwort unter Katzen: Zur richtigen Zeit am richtigen Ort! DAS vermittelt Katzen soziale Sicherheit und Überlegenheit. Für die Katze selbst sind Harnmarkierungen eine diplomatische Form der Kommunikation um aggressive Auseinandersetzungen indirekt zu kommunizieren.
- Leider ist der Zusammenhang mit einem Stressor zeitlich nicht immer offensichtlich, denn die Reaktion der Katze kann auch erst Wochen später auftreten.
Nicht zuletzt können zu wenige, schlecht plazierte oder gar verunreinigte Katzentoiletten einen Stressor darstellen. Daher ist immer auch ein Toilettenmanagenment anzuraten. Denn die Chance in einer sauberen und ungestörten Atmosphäre seine Geschäfte verrichten zu können, hat Einfluss auf die Erregungslage und das Wohlgefühl.
Da durchaus auch organische Erkrankungen und Schmerzen als Stressor wirken können, ist eine tierärztliche Abklärung empfohlen.
Selbst die Befindlichkeit der Bezugsperson wie etwa Krankheit, kann einen Auslöser darstellen.
Mit anderen Worten kann jede Art der Veränderung in ihrem Lebensumfeld, ihrem sozialen Umfeld oder in ihrem täglichen Ablauf bei einer Katze Verunsicherung auslösen und zu Markierverhalten führen. Manchmal fallen mehrere Stressoren zusammen.
Zudem kann Harnmarkieren automatisiert, also zur Gewohnheit werden. Die Katze markiert, weil sie dort schon immer markiert hat. In diesem Fall wird die Stelle nicht wirklich kontrolliert oder beschnuppert. Es scheint, die Katze markiert ohne groß zu überlegen und die Markierfrequenz ist höher. Man kann jetzt von niemanden einen Umzug erwarten, aber manchmal hilft dieser.
Die Katze "kann nicht anders", daher niemals bestrafen. Bestrafung schwächt nur die Mensch-Tierbeziehung, zerstört Vertrauen und die Katze wird sich schlicht andere Orte suchen und markieren, wann und wo es sicher für sie ist. Vorsicht zudem vor unbeabsichtigter Belohnung!
Im Gegensatz zu Gesichtspheromonen, die eine Art familiärer Wohlfühlatmosphäre schaffen, senden Harnmarkierungen eine Art Stressbotschaft aus.
Harnmarkieren ist bei manchen Katzen vermehrt im Frühjahr und Herbst zu beobachten.
Um Katzen zu helfen auf Fremdgerüche nicht mit Stress und Unsicherheit zu reagieren, kann man ihnen immer wieder Gerüche aus der weiten Welt wie Zweige, Steine, Rinden, Schachteln, Papiertüten (Henkel abschneiden) mitbringen. Wir können und sollen unseren Stubentigern helfen, besser mit Aufregungen, Neuem, Stress umzugehen.
Tipp: Abwechlsung im Katzenalltag durch eine ab und zu dargebotene Katzenminzesession.
Je nach Ursache, sofern diese ausfindig gemacht werden kann, sind die zu setzenden Massnahmen vielfältig. Angefangen bei der Kastration über eine äußerst gründlichen wie fachkundigen Reinigung, Pheromontherapie, Spieltherapie, katzengerechte Wohnungsgestaltung (wie Nutzung der dritten Dimension), Bedeutungsänderung der Markierstellen bis hin zu einer Art Simulation eines Streifgebietes bei Wohnungshaltung ist viel realisierbar.